Carl Friedrich von Rumohr hat sein Werk Geist der Kochkunst 1822 der Öffentlichkeit vorgestellt, doch so wirklich hat sich niemand dafür interessiert. Er war Kunsthistoriker und die Speisen und seine Idee über Esskenntnisse zu philosophieren haben nur ein sehr kleines Publikum gefunden. Bis zum heutigen Tage ist die Gastrosophie ein Aussenseiter des Genusses! Das Verhältnis vom Essen in seinem ganzheitlichen gesellschaftlichen Ganzen findet in Deutschland nur wenige Anhänger. Unsere französischen Nachbarn gehen mit dem Genusses und der Liebe als Lebensthema sehr viel selbstverständlicher um als wir. Nun, das gilt es zu ändern und ich werde meine Abende und mein ganzes Leben weiterhin dieser Aufgabe widmen. Als Gastrosophin fühle ich mich sowohl den Feinschmeckern als auch den Philosophen verbunden und suche nach Möglichkeiten einem großen Publikum diese Idee als Geschmackserlebnis näher zu bringen. Das kann mit dem Lob auf den guten Braten beginnen und sich in Geschichten über die Kartoffel ausweiten. Doch die Gastrosophie stellt auch Fragen nach dem Sinn des Lebens: trägt der Mensch wirklich die Verantwortung für sich und seinen Körper? Also für seine Gedanken und seine Nahrungsaufnahme? Für mich gilt das zu hundert Prozent; meine Existenz ist mit dem Essen auf höchste essentielle und existentielle Weise verbunden.
Was nährt uns? Was macht uns glücklich? Die Antworten können unterschiedlicher kaum sein und doch haben sie in vielen Fällen den absolut identischen Nährboden: Heimat und damit verbunden den Geschmack der Kindheit. Die Erinnerungen liegen auf der Zunge, der Duft aus Großmutters Küche in der Nase, dass ist etwas das ewig bleibt: die Liebe zum Sonntagsbraten!
Das Miteinander an der Tafel. Wenn wir am Sonntag bei den Großeltern zu Besuch waren wurde der Tisch in der Stube gedeckt. Unter der Woche gab es alle Mahlzeiten in der Küche. Die Tradition des Besonderen wurde für den Familientag aufbewahrt. Die leckere Botschaft lautete, gemeinsam Gutes genießen. Opa trug ein weißes Hemd und einen Schlips, Omi ein Kleid und darüber natürlich die Kittelschürze, zum Essen wurde sie selbstverständlich abgenommen. Es wurde auch gar kein Firlefanz darum gemacht: Sonntags gibt es Braten oder Hühnchen, zum Herbst auch mal Ente mit Rotkohl. Die Erwachsenen tranken Wasser; denn Wein war Mittags verpönt und auch noch nicht so ein Gesellschaftsgetränk wie heute. Opa trank eh viel lieber Bier. Ja, so ändern sich die Zeiten.
Die Gastrosophie wünscht sich das Miteinander zurück, den gemeinsamen Platz bei Tisch ohne Ablenkung durch Fernsehen und oder Smartphone. Und sie wünscht sich, wenn ich die Thesen von Ludwig Feuerbach und Harald Lemke aufgreife auch die politischen Beziehungen zwischen Lebensmitteln und Wohlleben in den Alltag zurück. Mir wird es ehrlich Angst und Bange wenn ich in der Fernsehwerbung sehe, wie eine Familie mit der Fertigpizza auf dem Sofa vor dem Fernseher sitzt! Auweia kann ich da nur sagen. Dazu passen die Zahlen, dass der mobile Lebensmittelhandel täglich zigtausende von XY-Waren ausliefert, die in Mikrowellen warmzumachen sind oder einfach so in den Mund geschoben werden. Da wundert es mich nicht, dass Kinder nicht mehr wissen, wie echte Möhren und Kohlrabi schmecken. Doch das Lamentieren ist meine Sache nicht. Da backe ich doch lieber ein paar kleine Kekse und erfreue mich, meine Freunde und Nachbarn mit kleinen Hasen.
Das ist ja einfacher als manch Zeitgenosse glaubt: 200gr Mehl mit 100gr Butter und 50gr Puderzucker verkneten und schon ist der Keksteig fertig! Ausrollen, ausstechen und backen bis sie leicht braun werden. Wer mag streicht noch flüssige Schokolade drüber oder ein mit Sahen verquirltes Eigelb. Das dauert keine Stunde und schmeckt so wie meine Erinnerung an Kinderkekse. Herrlich, bald ist Ostern – da schmecken Kuchen und Eier!
Wie Carl Friedrich von Rumohr bin ich Koch aus Leidenschaft und stehe für das Gute und Echte. Allerdings war Rumohr ein Gegner der Schleckereien und gegen Schmorgerichte. In den nächsten Wochen und Monaten werde ich weiter über ihn und die anderen Gastrosophen berichten. Es ist mir eine große Freude mich mit den Worten und alten Schöpfungen zu beschäftigen.
Und wie Heimat schmeckt? Ja, das ist ein großes Thema – wie gehen Sie denn damit um? Welche Vorlieben und Erinnerungen aus der Kindheit sitzen noch heute mit an Ihrem Tisch? Ich freue mich wie immer über Zuschriften, Meinungen und einen regen Austausch, gern hier oder unter ed.nh1680381725ileni1680381725rtak@1680381725ssune1680381725g1680381725
Zum Start in das Wochenende wünsche ich frische Genüsse und Zeit für Gespräche,
Ihre Katrine Lihn – mit einem kleinen Käsekuchen im Ofen 🙂