Gedankenfreiheit

Genuss Salon 12.10.2016 keine Kommentare

Collage des AbendsDie Premiere des Mädelsabends am Küchentisch von Martina Engel-Fürstberger beginnt mit einer Führung durch das historische Haus. Prima! Die Neugier aufeinander und die Idee des Abends wird unterstützt durch die wohlige Atmosphäre, die Heimeligkeit der Küche gewürzt mit der Fröhlichkeit der Hausherrin.

Bevor allerdings die Gäste eintreffen steht eine Kiste mit Legosteinen vor mir auf dem Tisch, denn wir bauen als erstes eine Konstruktion zur Erhöhung des Tisches. Meine Co-Gastgeberin ist so einfallsreich und witzig, ich staune über diese spontane Kreativität und lache immer noch. Im Handumdrehen wird schwarzes Klebeband um die Tischbeine gewickelt, eine Tischdecke platziert und fertig! Dafür und für Deine wundervoll offene Art gibt es hier schon mal ein dickes Kompliment; liebe Martina Du hast Ideen und Format. Das würde auch während der gemeinsamen Stunden deutlich, doch der Reihe nach.

der gedeckte Tisch

Zehn Frauen, die sich ein wenig, etwas besser und gar nicht kennen sitzen um den Tisch herum und plaudern munter drauf los. Das ist genau so wie ich es mir immer wünsche. Offenheit und Lust auf Gespräche: Gedankenfreiheit, das ist die Basis meiner Ideen dieser Begegnungen. Mein Baukasten-Essen ist rasch erklärt, alle Speisen passen zueinander und sind frei kombinierbar. Alles ist frisch gekocht, ohne Zusatzstoffe und fast alle Zutaten stammen aus unserer Region. Der bunte Herbstsalat schmückt sich mit schwarzem Sesam zu roten Gojeebeeren. Cremiger Obatzter als Genusshommage an die Ursprungsbayerin Martina. Forellenfilets mit Meerrettich zum Aufstrich gerührt munden zu den knusprigen Kartoffelspalten. Der Möhrenaufstrich gibt sich „hipp“ mit Räucherpaprika und Tamarinde als Gewürz. Sehr traditionell dagegen Remoulade (und NEIN, ich verrate nicht wie viele Eier ich dafür verbrauche 😉 ) und rosiges Roastbeef vom Gallowayrind plus Vollkornbrot vom Bäcker Lenz.

RoastbeefDoch bevor die hoffentlich genüssliche Stille eintritt und ich dann ein bisschen über Gastrosophie zu Heimatgenüssen und Gedankenfreiheit plaudere, möchte ich meine Gäste ermuntern zu sagen, warum sie diesen Mädelsabend wählten und auch bitte noch einmal zu sagen wie sie heißen. Dazu wünsche ich einen guten Appetit, denn wer gut genährt ist, fühlt sich wohl. Essen und Trinken halten bekanntlich Leib und Seele zusammen.

Spannend wie sich in der ersten Stunde Gespräche entwickeln. Wir haben uns doch schon einmal gesehen, ach, wir kennen uns doch von XY und das Lachen und die Plauderei nehmen ihren Lauf. Herrlich wie die Tafelrunde sich austauscht. Erwachsene Frauen mit ebensolchen Themen. Zum Dessert komme ich dann aber doch mit der kleinen Schüssel in der die gesammelten Fragen schlummern. Welche Fragen? Jede Teilnehmerin hatte ich aufgefordert ein Wunschthema für diese Premiere zu nennen. Ja, da kommen wir zügig auf den Punkt: Die Familie! Welchen Stellenwert hat, wie sind Kinder und Karriere vereinbar und wie steht es um die Ehe als Instanz?

Ist es das Blut, das uns bindet? Was sind die elementarsten Unterschiede zwischen Sippe und Familie? Der Familie zu entfliehen ist schwer und für Manchen undenkbar. Erwachsene leben ihr eigenes Leben, auch wenn Jeder (von uns) immer Kind war und teilweise auch noch ist; sich verantwortlich fühlt auch oder gerade weil die Eltern alt und vielleicht schon hilfsbedürftig sind. Unsere Herkunft nehmen wir immer mit, sie ist ein Teil unserer Persönlichkeit, sie prägt unsere Beziehungen. Die Diskussionen am Tisch sind schnell, teilweise hart und komplett authentisch. 12-10-16_maedels_salatMutig treten die Frauen für ihre Meinungen ein, es treffen moderne Vorstellungen wie beispielsweise „ich bin gegen die Ehe, sie sollte abgeschafft werden und die Sippe soll mehr im Vordergrund stehen“ auf konservative wie „der Vater ist der Blutsverwandte der Kinder, somit gehört er doch auch zur Sippe.“ Nicht eben einfach, die Macht der Familie als leichte Kost zu servieren, das ist und war auch nicht mein Ansatz. Eine Dame raunt: „Das ist aber echt anstrengend!“

Das machtvolle Erbe unserer Eltern auf mich (uns), hat eine andere Wirkung als das der heute zwanzig und dreizig Jährigen. Am Küchentisch ist stark zu spüren, dass das Gros der Anwesenden eher im Großmutteralter ist, beziehungsweise die Kinder bereits aus dem Haus sind. Mütter bleiben dennoch immer Mütter. Der Ruf nach Selbstbestimmung wird laut und dass Eltern Verantwortung für Kinder haben, aber nicht umgekehrt. Die Pflege der Eltern ist ein großes Thema. Als dicke Schippe obendrauf packen wir dann auch noch die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern.

Die Sicht der Dinge ändert sich im Laufe der Jahre, heute planen junge Männer mit ihren Frauen die Familie, es gibt bewußte Entscheidungen getragen von der urmenschlichen Sehnsucht des Miteinanders. Doch was bleibt ist öfter die Ambivalenz zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Heute verzichten Männer eher auf eine Karriere um sich um die Familie und die Kinder zu kümmern. Ist das nun ein Meilenstein oder (nur) der momentanen Lage, dem Zeitgeist, geschuldet?der Tisch von oben

Abschließend lässt sich nicht klären, ob es nun gut ist eine große, eine kleine oder gar keine Familie zu haben. Denn, es ist nicht die Wahl, die das Geheimnis des Glücks macht sondern der Umgang miteinander, es geht um Respekt und Anerkennung. Leben und leben lassen. Es gibt noch viel zu tun, um Frauen zu stärken, Mut zu machen und offene Worte sprudeln zu lassen. Leichter mit dem Leben umzugehen, ist ganz sicher eine Frage der Erfahrungen und des Wohlbefindens. Wer nur das Dunkle kennt, wird sich schwer tun, die Strahlen der Sonne auszuhalten.

Menschen zu verstehen ist eine große Aufgabe. Für einen Mädelsabend, für erste Begegnungen zu groß, doch sind diese Stunden gute Möglichkeiten sich zu öffnen; Gleichgesinnte wie Andersdenkende zu treffen, sich in Gelassenheit zu üben und immer wieder vor der Aufgabe zu stehen: Wege zu finden ohne zu bewerten, Menschen zu nehmen wie sie sind. Gedankenfreiheit, wie ich sie mir wünsche und sie teilweise auch einfordere.

Dieser Abend mit Euch war intensiv, manchmal ein bisschen laut, emotional, sehr ehrlich und voller Impulse. Ein Wiedersehen auf diese und jene Art wünsche ich mir sehr und erinnere direkt daran, dass der nächste Abend ein Salonabend bei mir in der Mangerstraße sein wird. Die wundervolle Angelika Kaddik lässt uns teilhaben an ihrem Buch „Wie aus Schmerzen Perlen werden“ Bereits im vergangenen Jahr haben wir gemeinsam im November einen Trostabend gestaltet und ich bin sehr glücklich, dass wir daraus nun eine Art Ritual machen.

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Zum Abschluss meiner Gedanken sende ich noch ein Zitat von Seneca:

„Wer unser Freund ist, liebt uns; aber wer uns liebt, ist deshalb noch nicht unser Freund.“  

Mit besten Grüßen und der Gelassenheit im Umgang mit Familie, Freunden und Weggefährten,

Eure Katrine (Lihn) – DANKE für Gedanken und offene Worte!

 

 

Gedankenfreiheit

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