Wir sind es uns wert! Ja, das erzählen uns die Frauen in den Werbepausen des Vorabendprogramms. Der Tiegel aus dem das Versprechen kommt, das güldene Haar das immer strahlt.  Ja, das sagen uns die Werbeikonen aller Alters- und Haarfarbe-Klassen. Mit dem schönsten Lächeln, den geweißten Zähnen und dem wie-auch-immer- glattgezogenen Teint. Jeden Tag auf’s Neue und X-Tausende werden diese Botschaften nicht nur hören, sondern auch glauben. Und JA! ich schmiere Ihnen das jetzt auf’s Brot, weil es mich nervt! Der schöne Schein steht aller Orten an erster Stelle, Daumen hoch und I LIKE… und das nicht nur bei den Frauen. Männer zeigen Haut und seit Monaten auch Haar vor allem als Bart. Im besten Fall macht es einem Langweiler einen Kerl, die wenigsten sehen damit (in meinen Augen) gut aus und ja, mir ist ein glatt – möglichst feucht – rasiertes Gesicht am Liebsten. Ich mache keinen Hehl aus dieser Vorliebe, warum auch? Auch das nervt mich seit mehr als einem Jahr, dass die eigene Einstellung bei den meisten Leuten ständig wechselt. Ist es aus der Mode gekommen, eine eigene Meinung zu haben? Angepasster Mainstream steht neben Yoga 2016 auf dem Tagesplan, oder was? Das kann doch nicht wahr sein, wo sind die eigenwilligen, die unverkennbaren, unverwechselbaren Menschen? Sterben die nun alle aus oder geht die Angst der Wahrheiten um, wie in Kindertagen der Plumpsack?
Was ist in Ihrem Leben wichtig? Als ich noch zur Schule ging, war es ungeheuer wichtig eine absolut eigene Meinung zu haben. Heute wäre das uncool, PUH, als ich mit Schlaghosen und Plateauclocks noch Aufsehen erregte, gab es dieses „cool-sein“ noch gar nicht. Es gibt eben auch Vorteile in den frühen 1960-ziger geboren zu sein. Mal ehrlich! Was soll denn das werden in dieser Welt, oder vielleicht fangen wir mal mit unserem hübschen Land an. Für ALLES und JEDES gibt es jetzt Ratgeber und klar als App. Eigene Entscheidungen etwa aus dem Bauch heraus, Fehlanzeige!  Menschen tragen Bänder an den Armen, die die Anzahl ihrer Schritte messen und sagen, ob sie genug Vitamine gegessen haben. Heiland! Und ich lache mich jetzt schon schlapp, denn bestimmt kommt in den nächsten Monaten eine Warnmeldung, die diese Bänder verteufelt. Hat Keiner gewusst, weil’s Keiner gesagt hat. Ich überlege ernsthaft eine Klugscheißer App zu entwickeln. Das wäre sicher eine Goldgrube. Doch ernsthaft und zurück zum Thema, wo verstecken sich die guten Ideen, wo sind denn alle die „wir-sind-Jünger?“ Ach, alles nur geklaut. Weltmeister, Papst, VW, Bio – Helden!
Manchmal frage ich mich, ob die Menschen plötzlich alle nur noch Weichspüler trinken? Alle komplett verführt und infiziert von irgendwelchen Nachrichten, Einträgen und Hinweisen, die aus den smarten Telefonen bimmeln. Nachdenken? Eigenverantwortung? Nö! Eher nicht! Lieber Andere für das eigene Wohl und Wege verantwortlich machen als sich selbst am Schopf zu packen. Von wegen, weil wir es uns wert sind! Damit das mal klar ist, das Wort „WERT“ ist oft missbraucht; klingt hohl oder auch pathetisch, doch die Vielschichtigkeit der Themen unserer Zeit sollte wenigstens den eigenen Wert wieder in die erste Reihe stellen. Gute Gründe über den eigenen Wert nachzudenken und was ist eigentlich am Wichtigsten?
Unabhängigkeit, Freiheit und gutes Essen – Waren ohne Manipulation und ohne Beschiss, Verzeihung. Ich denke sehr schmunzelnd und doch mit einem weinenden Auge über diese Klugscheißer App nach, damit könn(t)en Menschen wieder wissen was Lebens-Mittel sind, warum der Kalte Hund aus „Schokoleichen“ bestehen kann (eine andere Geschichte) und warum die einfachen Dinge oft die Besten sind. Doch all das können die Zeitgenossen, die Augenzeugen auch ohne App erfahren. Wo steckt das alte Wissen? Warum wird der Wert nur noch an der Börse bestimmt?
Ich wünschen Ihnen Zeit für Gespräche, Offenbarung durch alte Werte, Genuss durch Tradition. Werte und Heimat sind für mich immer dort, wo es ein Miteinander gibt und ich mich wohlfühle – das Leben hat für mich nur einen Wert, wenn aus meinem Eigensinn kein Querulanten-sein sondern Ich-sein wird!
Ihre Katrine Lihn – konsequent auf dem eigenen Weg
Es ist eine andere Welt, in der man zwischen „Freiheit“ und „Freizeit“ nicht unterscheiden kann, „Gesellschaft“ sagt und „Zielgruppe“ meint, von einem „Konzept“ spricht und nicht einmal eine „Idee“ besitzt, von einer Idee spricht und nicht einmal einen Einfall hat. (Roger Willemsen)